Kennst du Martin Rooney und sein System „Training For Warriors“, kurz TFW? Ich hab ihn eine Weile auf Facebook verfolgt und ein paar Artikel von ihm gelesen. Wusste aber nie so ganz, was ich von ihm halten soll. In seinen Videos wirkt er oft, als wäre er auf Ecstasy. Als guter Deutscher war ich da natürlich erstmal ein bisschen skeptisch bei so viel Enthusiasmus!
Je mehr ich mich auf ihn eingelassen habe, desto mehr habe ich aber gemerkt, dass er eine absolut sinnvolle Philosophie vertritt, die auf bewährten Prinzipien beruht. Dass er nicht nur irgendwas verkauft, sondern ein System hinter dem steckt, was er tut.
Und dass er wirklich etwas verändern möchte in der Fitness Branche. Wo Menschen zuhauf verarscht werden. Und profitgierigen Herstellern von Nahrungsergänzung, Herstellern von schwachsinnigem Trainings Equipment sowie unwissenden Trainern zum Opfer fallen.
Was wirklich zählen sollte, ist, Menschen zu ermächtigen.Menschen zu sagen, dass sie es schaffen können, fit und gesund zu sein. Und wie sie es schaffen können. Wie Martin es so gerne formuliert:
Wir führen einen Krieg – und wir verlieren ihn
Den Krieg gegen Krebs, Herzkreislauferkrankungen, Diabetes und Übergewicht. Wir brauchen mehr Menschen als Teil des Widerstands, wenn wir eine Chance haben wollen, zu gewinnen.
Du denkst vielleicht, das wär übermäßig dramatisch und typisch amerikanisches Pathos. Aber ich finde, da steckt viel zu viel Wahrheit drin: 2010 war jeder vierte Todesfall in Deutschland die Folge einer Krebserkrankung. Jeder. Vierte. Denk da mal eine Sekunde drüber nach. Und sag mir dann, dass die Analogie „Krieg“ übertrieben ist.
Das ist eine wichtige und mächtige Botschaft, die mehr Menschen erreichen muss
Deswegen, und wegen der Ergebnisse, die er als Trainer von Spitzenathleten vorweisen kann, habe ich mich schließlich vor einigen Wochen für den Training For Warriors Level 1 Kurs von Martin angemeldet. Und bin nach der Zertifizierung umso mehr begeistert von seinem System, das für jeden funktioniert – egal, ob du abnehmen und dich besser fühlen, oder deine Leistung auf das nächste Level bringen willst.
Einen weiteren Trend findet Martin Rooney gefährlich – und ich stimme ihm voll und ganz zu:
Das unnötige Kastrieren von Training, das Menschen weismachen will, alles sei gefährlich
Außer auf dem Sofa zu sitzen und Chips zu futtern. Das ist genau das Gegenteil von Ermächtigung und das Gegenteil davon, Menschen zu helfen, an sich zu glauben und ihre Ziele anzugreifen.
Da ich mich nicht mit fremden Federn schmücke, spar ich mir es, den folgenden Inhalt zu paraphrasieren und dir als meine „Idee“ unterzujubeln. Stattdessen gibt es, von mir für dich aus dem englischen übersetzt, einen Artikel von Martin Rooney über kastriertes Training. Viel Spaß:
Martin Rooney: „Kastrierende Trends und Übungen
Was haben Kniebeugen, Kreuzheben, Bankdrücken, Überkopfdrücken (Kraftdrücken) und Dips gemeinsam? Antwort: Es sind alles Grundübungen über mehrere Gelenke, deren Belastung gesteigert werden kann, um große Mengen Testosteron ausschüttender Muskelspannung zu erzeugen.
Trauriger Weise lautet die Antwort vieler Leute stattdessen: „Es sind alles gefährliche Übungen, über die Yogagirl127 auf Facebook geschrieben hat, dass sie dich verletzen und verboten gehören!“ Gefährlich? Für wen genau? Und was ist eigentlich nicht gefährlich?
Hör zu, ich bin nicht nur ein Trainer, sondern auch ein Physiotherapeut und ich respektiere die Wichtigkeit korrekter Biomechanik und der Vorbeugung von Verletzungen. Diese Grundübungen sind nicht für sich genommen gefährlich. Alles was du im Gym machst, hat ein gewisses Potenzial für Verletzung, genau wie die meisten Dinge im Leben. Lesen ist schlecht für die Augen, Türgriffe sind voller Krankheitserreger und Pestizide sind praktisch auf jeden Zentimeter Obst und Gemüse im Supermarkt zu finden. Willst du jetzt aufhören zu lesen, keine Türen mehr aufmachen und kein Obst und Gemüse mehr essen? Bevor wir das Überkopfdrücken unterlassen, lass uns dafür sorgen, dass niemand mehr beim Autofahren SMS schreibt – und die Welt wird wirklich ein sicherer Ort sein.
Sicherheit steht in meinem Training an erster Stelle.
Genau wie gesunder Menschenverstand, der leider in der Fitness Branche nicht sehr verbreitet ist. […] Wissen ist Macht? Nein! Wissen ist nur dann Macht, wenn wir es in Handlungen umsetzen. Heute, so glaube ich, ist Wissen oftmals lähmend. Hier ein paar Beispiele kastrierender Trends:
Kettlebells vs. Kurzhanteln
Kettlebells sind ein großartiges Tool. Aber seitdem die Kettlebell Sekten überall aus dem Boden sprießen, werden Kurzhanteln zu einer Randerscheinung im Training. Komisch. Niemand posted jemals ein Foto von/mit einer Kurzhantel auf Facebook, aber ich sehe jeden Tag Fotos von Leuten mit Kettlebells, als wäre es ihr Erstgeborenes! Ich habe nichts gegen Kettlebells und setze sie selber im Training ein. Ich frage mich nur, ob dieser Trend ohne das Internet explodiert wäre? Kettlebell T-Shirts, Kettlebell Halsketten. Arme Kurzhanteln, ich werde sie vermissen.
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Widerstandsbänder vs Klimmzüge
Klimmzüge sind eine meiner Lieblings Übungen aller Zeiten für den Oberkörper (und ich zähle die Bauchmuskeln da mit rein). Aber sie sind schwer, was für viele Leute ein turn-off ist. Also hat irgendein Genie entdeckt, dass ein Widerstandsband auch großartig funktioniert, um Klimmzüge leichter zu machen, indem man all den Widerstand aus der Übung herausnimmt. Jetzt haben wir Fitnessstudios voller Typen, die Prinzessinnen-Klimmzüge machen und sich dabei für olympische Turner halten. Schmeiß die Bänder weg. Mach deine Klimmzüge. Und beeil dich. Denn ich bin mir sicher, dass jemand schon an einem Artikel mit dem Titel „Warum Klimmzüge schlecht für dich sind“ arbeitet.
Prowler vs. Sprints
Ich liebe den Prowler, aber die grundsätzliche Idee, man bräuchte einen besonderen Ausrüstungsgegenstand für effektives Konditionstraining ist Mist. Leider wurde uns eingetrichtert, Übungen nach ihrer „Innovation“ zu beurteilen, oder danach, wieviel Muskelkater oder Müdigkeit sie hervorrufen. Ich glaube nicht, dass es viele Sportarten oder Aktivitäten gibt, auf die man sich vorbereiten muss, indem man während des Trainings bewusstlos umkippt oder sich übergeben muss. Aber hey, während wir unseren Testosteron Spiegel senken, warum nicht gleich auch einen Weg finden, unser Nerven- und Immunsystem zu zerstören?
Du willst eine wirklich tolle neue Übung, die keiner macht? Sie heißt: Sprinten. Die Biomechanik hinter dem Sprinten ist essenziell für unsere grundsätzliche Fähigkeit, uns zu bewegen. Gleichzeitig ist Sprinten eine echte „use it or lose it“ Fähigkeit. Wenn du 27 bist und seit der Schule nicht mehr gesprintet bist, solltest du deinen Hintern vor die Tür tragen und wieder damit anfangen. Du verlierst es, allmählich, Tag für Tag – und das bedeutet, du bewegst dich schneller in Richtung Friedhof. Und ich weise darauf hin, dass ich sagte „Sprinten“. Nicht Zeit auf dem Laufband oder dem Ellipsentrainer rumbringen, oder deinen Bekannten vom Fahrrad Ergometer SMS schreiben. All diese Geräte haben unsere Fortschritte kastriert. […]
Seitheben vs. Überkopfdrücken
Was ist bitte funktioneller als etwas schweres senkrecht nach oben zu drücken? Ich bin ja voll und ganz für den YMCA Tanz und was auch immer die Leute sonst so mit 5kg Hanteln machen, um den „untere Trapezius“ zu aktivieren – aber es ist nichts schlimmes am guten alten Überkopfdrücken. Es ist eine großartige Methode, signifikante Muskelanteile zu fordern und die Wirbelsäule zu beladen. Ja, sie können sich schlecht anfühlen, wenn du schlechte Beweglichkeit, Kraft oder sonstige Bewegungseinschränken hast. Aber was würde sich dann nicht schlecht anfühlen?
[…]
Step-ups und Ausfallschritte vs. Kniebeugen und Kreuzheben
Step-ups und Ausfallschritte sind gute Übungen, aber für den Aufbau von Muskelmasse sind sie nicht in der gleichen Liga wie Kniebeugen und Kreuzheben. In Sachen Anspannung kommen sie nichtmal in deren Nähe. Aber weil sie weniger angsteinflößend sind, sind sie auf dem einbeinigen Vormarsch. Hier ist das Problem: Weil sie unilateral sind dauert es auch doppelt so lang damit zu trainieren, weshalb sie vielen langweilig werden. Nach ein paar Wochen macht niemand mehr irgendwas.
Und dann sitzen die gleichen Leute in ihrem Drehstuhl und erzählen dir, auf deinen Rücken aufzupassen, wenn du Kreuzheben machst.
[…]
80/20. Nicht 20/80.
Den Trainingsreiz zurück in dein Training zu bringen, bedeutet nicht, dass du dich umbringen oder verletzen musst. Es bedeutet lediglich, dass du die Dinge überdenkst und den Großteil deiner Zeit im Gym mit produktiven Übungen verbringst. Die 80/20 Regel liegt nie daneben. Wenn du 80% der Zeit darin investierst, dich unter guten alten Lang- und Kurzhanteln anzustrengen, während 20% in pre-hab, rehab und „Aktivierungsarbeit“ fließen, dann wirst du wahrscheinlich fitter aussehen (und ein paar Schwielen an den Händen haben). Wenn die Verteilung eher 20/80 ist, dann hast du vermutlich ein Problem, dass Gemüse Hotdogs, Waxing und den Traum, eines Tages endlich in die Skinny Jeans zu passen beinhaltet.“ – Martin Rooney
Title photo courtesy of Pavigym Int (Creative Commons License)
Original article written by Martin Rooney